Neuer Anlauf für das Marstall-Center?

Einige Worte zum aktuellen Stand:

Der Investor der Greizer Marstall-Bebauung, Herr Arno Wagner, der auch als Architekt verantwortlich für das Projekt zeichnete, stieß 2020 mit seinem Vorentwurf des „Marstall-Center Greiz“ auf erheblichen Widerstand der Öffentlichkeit. Durch Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange wurde die Genehmigungsfähigkeit der vorgelegten Planung verwehrt, so dass es eine lange Zeit recht ruhig um dieses Vorhaben wurde. Viele meinten, der Investor hätte bereits aufgegeben. Dieser Meinung waren wir nicht. Dennoch waren wir etwas überrascht, als wir Anfang Oktober 2022 erfuhren, dass Herr Wagner mit einer neuen, angeblich von oder mit dem Architekturbüro Stadermann aus Hausen überarbeiteten Variante des Marstall-Center vorstellig wurde.

Oktober 2022:

Für den 6. Oktober 2022 lud der Bürgermeister zu einer nichtöffentlichen Dringlichkeitssitzung des Bauausschusses (BA) ein. Investor A. Wagner präsentierte den Mitgliedern des BA eine neue Variante der Bebauung des Marstall-Areals. Eingeladen waren auch Fraktionsvorsitzende sowie die Untere und sogar die Obere Denkmalschutzbehörde (TLDA). Offenbar war Ziel dieser Sitzung, mit der überarbeiteten Variante dem TLDA entgegenzukommen, um ihn von seiner ablehnenden Haltung zum Marstall-Center abzubringen, was offenbar nicht so recht gelang.

November 2022:

Dennoch wurde im nichtöffentlichen Teil der Hauptausschusssitzung am 23. November 2022 über eine Verlängerung des Vertrages über das Vorkaufsrecht des Investors für das Marstall-Areal beraten, der zum Ende des Jahres ausgelaufen wäre.

Dezember 2022:

Als wir erfuhren, dass zur Stadtratssitzung am 7. Dezember ein Beschluss vorliegen wird, oben genannten Vertrag mit dem Investor zu verlängern (natürlich wieder nichtöffentlich), nutzten wir die Einwohnerfragestunde der Sitzung, dieses Vertuschen von Informationen öffentlich anzuprangern. Denn besonders beliebt ist diese Taktik, wenn es um den Marstall geht, dessen Bebauung nicht nur bei der Greizer Bevölkerung auf starken Widerstand stößt. Ebenso stehen Bebauung und Nutzung dieser Fläche im Widerspruch zur Rolle unserer Stadt beim Welterbe-Antrag Thüringens. Im Greizer Rathaus scheut man dennoch keine Mühe, hinter verschlossenen Türen Entscheidungen zu treffen und jedes Schlüsselloch zu verstopfen, damit keine Informationen nach außen dringen.

Mit einem spontanen Aufruf an die Abgeordneten, einer Verlängerung des o.g. Vertrages mit dem Investor nicht zuzustimmen beendeten wir unsere Erklärung. (Erklärung vom 07.12.2022 siehe unten) Erwartungsgemäß sind nur wenige der Damen und Herren des Stadtrates diesem Aufruf gefolgt.

Januar 2023:

Im öffentlichen Teil der Hauptausschusssitzung am 11. Januar 2023 erklärte der Bürgermeister, falls die Differenzen zwischen der Obersten Denkmalschutzbehörde und dem Investor bis dahin beigelegt sind, sei für Anfang des Jahres eine Bürgerversammlung zur neuen Variante geplant. Zur Stadtratssitzung am 25. Januar antwortete er auf Nachfrage zur Einwohnerfragestunde ähnlich, nur dass er nicht nur die Einwände der Oberen Denkmalschutzbehörde erwähnte, sondern auch die des Landesverwaltungsamtes.

Erklärung zur Stadtratssitzung am 07.12.2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

ich beziehe mich auf ein Interview in der OTZ vom 30.09.22 mit Ihnen, Herr Bürgermeister. Thema war der Konflikt zwischen dem Welterbe-Antrag Thüringens und dem geplanten Marstall-Center Greiz mit der Überschrift „Bürgermeister unterstützt Welterbeantrag“. Auf Nachfrage zum Stand der Planung des Centers sagten Sie: „Der Ball liegt unverändert beim Investor….“ Wegen bestehender Verträge könne das Vorhaben nicht einfach gekippt werden. Weiterhin erklärten Sie, dass Sie diesen Welterbe-Antrag voll inhaltlich unterstützen und dass alle Abteilungen der Stadtverwaltung involviert sind und hinter dem Streben nach dem Welterbe-Status stehen.

Sechs Tage später, am 06.10.22, wurde im Bauausschuss ein neuer Entwurf der Marstall-Bebauung vorgestellt. Auch dieser wurde vom Denkmalschutz des Landes abgelehnt. Ich bin Greizer. Darum verblüfft es mich nicht, dass die Öffentlichkeit davon keine Kenntnis erhält, obwohl bereits 2 Monate vergangen sind. Dass jedoch der Stadtrat am heutigen Abend hier eine Verlängerung dieses Vertrages mit dem Investor beschließen soll, steht in absolutem Widerspruch zu Ihren Aussagen, sowohl der Öffentlichkeit als auch den Vertretern des Landes Thüringen gegenüber. Mit der Verlängerung dieses Vertrages, (dessen Existenz Sie in o.g. Artikel als Hemmnis darstellen) gefährden sie nicht nur die hervorgehobene Stellung der Stadt Greiz im Welterbe-Antrag. Ich befürchte, der Greizer Zickzack-Kurs wird dazu führen, dass unsere Stadt dort nur noch als Randnotiz erscheint und diese Chance der Tourismusförderung verpasst wird.

Abschließend richtete ich spontan noch einige Worte an die Damen und Herren Stadträte und bat sie, einer Verlängerung des Vertrages der Stadt mit dem Investor nicht zuzustimmen.

Rudolf Kuhl