Sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrates, sehr geehrter Herr Bürgermeister,
das geplante Marstall-Center und der dazu vorgelegte Bebauungsplan-Entwurf können uns in keiner Weise überzeugen. Es wird damit eine äußerst negative Entwicklung der „Potentialfläche“ Marstall vorangetrieben. Die Stadt gibt mit dem Projekt ihre Planungshoheit aus der Hand. Mehr noch, sie privatisiert einen hochsensiblen Bereich der Innenstadt inklusive eines Denkmals der Greizer Residenzkultur, auf den sie später keinen Zugriff mehr hat. Nach vielleicht 15 bis 20 Jahren könnte in Greiz ein weiterer verschlissener Konsumtempel stehen. Dieser traurigen Vision stellen wir uns vehement entgegen.
Insbesondere kritisieren wir folgende Aspekte der Planung:
- Städtebau: Der vorgestellte Entwurf ist hinsichtlich Größe und Architektursprache im Angesicht der historisch gewachsenen Umgebung für das Stadtbild eine Katastrophe. Die städtebauliche Fehlentwicklung, welche mit dem überdimensionierten und unangepassten „Marstall-Center“ für Jahrzehnte zementiert würde, lehnen wir ab. Den umliegenden Immobilien – eben erst aufwändig saniert – droht eine erhebliche Wertminderung. Der Verlust an Attraktivität und Wohnqualität im Schatten des Marstall-Centers kann zum Verfall des ganzen Quartiers führen. Wir plädieren für eine angemessene, kleinteilige Bebauung mit Grünflächenanteilen, welche dem Gelände einen intimeren und integrativen Charakter verleiht und die Bauweise der Umgebung respektiert. Dazu bedarf es eines Architekturwettbewerbs und fachlicher Beratung.
- Nutzung: Die rein kommerzielle Nutzung mit „großflächigem Einzelhandel“ und die Unterbringung älterer Bürger über Parkhaus und Supermärkten darf so nicht stattfinden. Wir bezweifeln, dass damit eine Belebung der Innenstadt und positive Effekte für kleine Geschäfte entstehen. Wir plädieren für eine differenzierte Abwägung der Nutzung, nicht nur im Hinblick auf Handel und Wohnen, sondern auch auf Kultur, Tourismus und Soziales. Eine gute Mischnutzung kann das Areal und die Innenstadt zum Leben erwecken, der jetzige Plan steuert auf zukünftige Verödung hin. Einen Planungsfehler zu wiederholen, der hundertfach in anderen Städten vorgeführt wurde, halten wir nicht für zukunftsfähig. Wie sollen mit derartigen Projekten nachfolgende Generationen für die Stadt begeistert werden?
- Verkehr: Wir protestieren gegen die signifikante Zunahme des innerstädtischen Verkehrs, welche das Marstall-Center mit sich bringen wird. Alle Knotenpunkte, vom Dr.-Rathenau-Platz über Thomas- und Marstallstraße bis zur Kreuzung Hohe Gasse/Obere Silberstraße, sind bereits stark beansprucht. Die Mehrbelastung durch Lärm, Abgase und Feinstaub bringt eine weitere nicht hinnehmbare Verschlechterung der Lebensqualität im Umfeld. Wir plädieren schon jetzt für Verkehrsberuhigung durch fußgängerfreundliche Lösungen. Nur so kann eine wirkliche Anbindung des Marstallgeländes an die Innenstadt gelingen. Den zu erwartenden Straßenausbau und andere Erschließungsmaßnahmen, die letztlich Investoreninteressen dienen, werden die Steuerzahler/innen vermutlich mitfinanzieren. Dem steht kein adäquater öffentlicher Nutzen gegenüber.
- Denkmalschutz: Die Preisgabe des Denkmals „Marstallhof“ mit den Gebäuden Marstall und Remise zugunsten einer gewinnorientierten Nutzung muss verhindert werden. Wir fordern eine Freifläche (Innenhof) vor dem Marstall, die dem historischen Wert des Gebäudes und seiner Bedeutung für die Greizer Residenzkultur angemessen ist. Auch die Remise muss erhalten bleiben. Vor dem Hintergrund einer Antragstellung bei der UNESCO, die Thüringer Residenzkultur zum Welterbe zu erheben, ist es undenkbar, den Marstall zu privatisieren und derart einzubauen. Das kommt einem optischen Abriss gleich! Außerdem weisen wir auf den Umgebungsschutz des geschützten Ensembles „Greizer Altstadt“ hin.
Sehr geehrte Stadträte! Aufgrund der vielfältigen Einsprüche appellieren wir noch einmal an Sie, Ihre Position zum Bebauungsplan Nr. 62/20-SO „Martsallquartier“ zu überdenken. Es liegt in Ihrer Hand, an Ihrer Stimme, die Entwicklung des Marstall-Areals zum Guten oder zum Schlechten zu wenden.
Aus den oben genannten Gründen lehnen wir, die Unterzeichner/innen, eine Bebauung des Marstalls in der geplanten Art und Größe ab.
Werte Mitbürger/innen, wenn Sie unsere Kritik teilen, dann unterzeichnen Sie bitte unseren Aufruf! Wir hoffen auf Ihre Unterstützung!
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